30. Jun 2023
Energiemanagement über KNX funktioniert schon heute - jetzt werden auch Energiespeicher und das Laden von Elektroautos integriert.
Joost Demarest, CTO von KNX, erläuterte in seiner Keynote bei der Online-Veranstaltung "Smart Energy Management mit KNX", wie das geht. Er ging auch auf eine Neuheit speziell für Deutschland ein: Die so genannte Controlbox, die hinter dem Smart-Meter-Gateway sitzt, wird bald KNX-fähig sein; das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (VDE FNN) arbeitet bereits an einem entsprechenden Anhang zu den Spezifikationen.
Doch was ist Energiemanagement überhaupt? Wikipedia definiert den Begriff wie folgt: Die Planung und der Betrieb von Energieerzeugung und -verbrauch mit dem Ziel, Ressourcen zu schonen, das Klima zu schützen - und das zu möglichst geringen Kosten.
Häuser und Gebäude spielen dabei eine große Rolle, insbesondere das, was im Haus passiert, also vom Verteiler bis zu den einzelnen Verbrauchern im Haus. Das Energiemanagementsystem sitzt deshalb im Verteiler und steuert die einzelnen Verbraucher. "Von Anfang an war es das Ziel von KNX, die Steuerungsfunktionen von dieser Zentrale aus zu realisieren und damit die anderen KNX-fähigen Geräte im Haus anzusprechen - von der Heizung über die Lüftung, die Klimatechnik und die Zähler bis hin zu den Wärmepumpen", sagt Joost Demarest. "Deshalb ist KNX schon heute für das Energiemanagement geeignet. Dazu ein Beispiel: Die Einzelraumregelung ist eine der wichtigsten Funktionen von KNX, und vor allem durch diese Funktion wurde KNX in der Öffentlichkeit bekannt: Eine zentrale Steuereinheit im Raum steuert die Ventile der Wärmequellen und Kühlgeräte. Darüber hinaus sind in den letzten Jahren KNX-fähige Zähler und Unterzähler hinzugekommen, die verschiedene Leistungsmessungen pro Phase oder der Gesamtleistung durchführen und die Daten über KNX übertragen können. Auch Lastmanagement-Module gibt es seit den 1990er Jahren von verschiedenen Herstellern. "Schon damals konnten 120 verschiedene Lasten eingebunden, Prioritäten gesetzt oder statistische Daten gesendet werden", erklärt Demarest. "Lastmanagement wird mit KNX abgehakt". Inzwischen gibt es auch Produkte mit einer eigenen Energieverbrauchsmessung, mit der man auf der Ebene eines Stromkreises verschiedene elektrische Größen messen und den Verbrauch auf ein bestimmtes Maß begrenzen kann.
Wünschenswert wäre es natürlich auch, wenn Daten von intelligenten Zählern (Smart Meter) über KNX übertragen und überwacht werden könnten. Auch das funktioniert bereits: So kann zum Beispiel die eigene PV-Erzeugung gemessen werden.
Möchte man Lasten einbinden, kommen Geräte mit potentialfreien Kontakten in Frage. So kann beispielsweise eine Ladesäule über einen KNX-Schalter von Vollladung auf begrenzte Ladung umgeschaltet werden, eine Wärmepumpe oder die Warmwasserbereitung kann über den vorhandenen Smart-Grid-Kontakt gesteuert werden - je nach verfügbarer Energie.
Seit sonnen Mitglied der KNX Association ist, können nun auch Energiespeicher in die KNX Welt integriert werden. die KNX-Welt integriert werden. Darüber hinaus steht beispielsweise mit dem e-charge II von ise ein Gerät zur Verfügung, das die Ladestationen verschiedener Hersteller (ABB, ABL, KEBA, Mennekes, Mobility Made by Stöhr) in KNX integriert. Damit können alle wesentlichen Informationen über den Ladevorgang über KNX übertragen und weiterverarbeitet werden. Ob Heizungssteuerung, Kühlung, Smart Metering und Submetering, Lastmanagement und Peak Shaving, Energiespeicher, PV-Anlagen, Elektroautos oder Wärmepumpen - all diese Geräte und Funktionen können in KNX integriert werden. Demarest fasst zusammen: "Wir können bereits heute eine Vielzahl von Energiemanagement-Funktionen über KNX Classic abdecken".
Die Frage ist, wie lässt sich Energiemanagement über KNX in der Praxis realisieren? Da gibt es viele verschiedene Möglichkeiten: Das Energiemanagement kann in die Geräte integriert werden, von denen es eine große Vielfalt von verschiedenen Herstellern gibt. Es kann aber auch in der Visualisierungssoftware, in der zentralen Anzeigeeinheit mit erweiterten Logikfunktionen, im zentralen Gebäudeserver oder in einer Kombination aus all dem laufen. Es stehen auch Apps zur Verfügung, so dass die Steuerung über das Internet erfolgen kann. Geschulte KNX Partner setzen dies um.
Doch nun kommt die Innovation in Form der neuen Norm EN50491-12-2, die Teil einer Normenreihe ist. Der erste Teil EN50491-12-1 existiert bereits. Der Schwerpunkt liegt nun auf dem Custom Energy Manager (CEM). Diesem sind verschiedene Ressourcenmanager (RM) zugeordnet. Ein RM kann ein Produkt, mehrere Produkte oder eine ganze Home and Building Electronic System Solutions (HBES) sein. Eine HBES kann KNX sein, aber auch andere Systeme kommen in Frage. Das RM informiert das CEM über die Energieflexibilität: welche Ressourcen verfügbar sind, wer gerade Energie benötigt oder wer wie viel Energie liefern kann. Ein RM könnte zum Beispiel ein komplettes HLK-System darstellen, das das CEM über den aktuellen Energiebedarf oder das aktuelle Energieangebot informiert. Der Informationsaustausch zwischen CEM und RM ist standardisiert, aber unabhängig vom verwendeten Protokoll. Das CEM ist praktisch der Dirigent, der das Orchester der Verbraucher und Erzeuger im Haus harmonisch zusammenspielen lässt und die Energieflexibilitäten in Einklang bringt.
Was ist also mit Energieflexibilität gemeint? Je nachdem, was in der Anwendung beabsichtigt ist, wie alles gesteuert werden soll, sieht EN50491-12-2 fünf sogenannte Steuerungstypen vor:
Hier sorgt das CEM dafür, dass die RMs innerhalb der festgelegten Leistungsgrenzen bleiben, die im Laufe der Zeit variieren können. Das CEM passt den Leistungsrahmen an die Leistungsvorhersage der RM an und steuert die RM so, dass sie die vorgegebenen Leistungsgrenzen einhalten. Zum Beispiel befiehlt es der Wärmepumpe, über einen bestimmten Zeitraum weniger Energie zu liefern. Die RM wiederum geben dem CEM die Vorhersagen darüber, was ein Gerät zu leisten imstande ist. Das CEM gleicht diese Vorhersagen mit dem vorgegebenen Leistungsrahmen ab, so dass im Laufe der Zeit eine Interaktion zwischen dem CEM und dem RM stattfindet.
Diese Art der Steuerung ist für Geräte gedacht, die zu einem bestimmten Zeitpunkt starten sollen, wie z. B. eine Waschmaschine. Sie teilt über das RM mit, wann sie starten kann, wie lange sie laufen muss und wann sie gegebenenfalls unterbrochen werden kann (Power Sequence Containers). Das CEM bestimmt dann die zeitliche Abfolge, in der die Power Sequence Container gestartet werden, so dass der gesamte Prozess zum vorgegebenen Zeitpunkt abgeschlossen werden kann.
Diese Art der Steuerung wird bei Geräten angewendet, die verschiedene Betriebszustände annehmen können. Denn das CEM kennt die Geräte und weiß, welche Betriebszustände sie einnehmen können. Es steuert sie so, dass die Spezifikationen eingehalten werden und sie innerhalb dieses Rahmens optimal arbeiten. So kann es beispielsweise einer Ladestation befehlen, eine bestimmte Zeit lang mit voller Leistung zu laden, dann aber den Betriebszustand zu ändern.
Diese Art der Steuerung ist für Geräte geeignet, die Energie speichern oder puffern. Die RMs informieren über ihre aktuelle sowie ihre minimale und maximale Füllmenge und ob diese unter- oder überschritten werden dürfen. Das Gerät kann Ihnen auch mitteilen, wann es wieder aufgeladen werden muss. Die RMs teilen dem CEM auch ihr Leckageverhalten mit. Ein Warmwasserspeicher verliert mit der Zeit Wärme, auch wenn kein Warmwasser entnommen wird. Da auch bekannt ist, wie hoch der durchschnittliche Verbrauch an einem Wochentag ist, lässt sich berechnen, wie viel Energie zum Auffüllen des Speichers benötigt wird. Das Füllen des Speichers wird wiederum modelliert: Dies ist die Aufgabe eines oder mehrerer mit dem RM verbundener Aktoren. Sie werden auf die gleiche Weise modelliert wie die Einheiten des Typs Betriebsartabhängige Steuerung. Lediglich ihre Auswirkung auf den Füllstand muss hinzugefügt werden. Auf der Grundlage dieser Informationen sendet das CEM die Befehle und gibt die gewünschte Betriebsart des Stellglieds sowie den Zeitpunkt für den Übergang an.
Diese Art der Steuerung wurde für Geräte entwickelt, die in Bezug auf die Art der verwendeten Energie flexibel sind, aber keine Energie speichern oder puffern können. Ein Beispiel ist eine Hybrid-Wärmepumpe, die Energie über Strom oder Gas erzeugen kann. Sie kann mitteilen, wie hoch ihr Bedarf ist oder in welchem Bereich ihr Bedarf liegt oder in Kürze liegen wird. Die Betriebsarten der Aktoren geben an, wie viel in der jeweiligen Betriebsart erzeugt werden kann. Das CEM kombiniert die Betriebsarten der Aktoren, um den Bedarf zu decken.
Was bedeutet das nun für KNX, wie können diese Steuerungsarten in der KNX Welt umgesetzt werden?
Es geht vor allem um Parameter, die sich im Laufe der Zeit ändern. Das wäre über die Gruppenkommunikation in KNX durchaus möglich. Aber in der Realität würden die 14-Byte-Telegramme dafür nicht
Telegramme nicht ausreichen, sondern es müssten erweiterte Frames verwendet werden. In einer typischen Gruppenkommunikation spricht das CEM aber immer nur ein Gerät an, fast nie mehrere Geräte gleichzeitig. Daher wäre eine Objekt/Property-Kommunikation besser geeignet, oder sogar Function Properties. Dies würde jedoch erfordern, dass der Installateur die einzelnen Adressen der RMs im CEM speichert, was die ETS derzeit nicht unterstützt.
Daher wäre es besser, KNX IoT Point API mit JSON oder CBOR Datenstrukturen für den Austausch zwischen CEM und RM zu verwenden. "Für die ereignisgesteuerte Kommunikation kann KNX Classic jedoch weiterhin verwendet werden", erklärt Joost Demarest. "Der Austausch von Geräteparametern könnte dann aber über KNX IoT Point API erfolgen."
Und nun noch ein Novum für Deutschland. Hier ist der FNN für die Spezifikation der sogenannten Controlbox zuständig, die hinter dem Smart-Meter-Gateway (SMGW) sitzt. Die Steuerbox ermöglicht das Schalten von Verbrauchern im Smart Home oder in intelligenten Gebäuden. Bislang waren die Steuerboxen mit vier Relaiskontakten erhältlich. "Jetzt wird ein Anhang B zu den Spezifikationen der FNN-Steuerungsbox vorbereitet, in dem festgelegt wird, wie die Steuerungsbox auch mit KNX realisiert werden kann", freut sich Joost Demarest. Die Steuerbox könnte dann als KNXnet/IP-Tunneling-Client realisiert werden. Das Wichtigste: Der Installateur kann die KNX Installation wie bisher konfigurieren, für ihn ändert sich nichts. Er muss lediglich handelsübliche KNX Secure Tunneling Server in das System integrieren. Allerdings muss der Hersteller der Steuerungsbox mit KNX Schnittstelle eine ETS App zur Verfügung stellen. Damit ist sichergestellt, dass bei der Erstinstallation oder beim Austausch der Steuerungsbox die von der Steuerungsbox benötigten Parameter ausgetauscht werden können. "Annex B wird bald verabschiedet, dann können die Hersteller die Steuerboxen entsprechend entwickeln und auf den Markt bringen", erklärt Joost Demarest.
Auf diese Weise können KNX und KNX IoT in Zukunft zusammenarbeiten.
Damit die Energiewende gelingt, müssen das Energiemanagementsystem und die Hausautomation in ein System integriert werden.
Joost Demarest, CTO von KNX: "Für die ereignisgesteuerte Kommunikation kann weiterhin KNX Classic verwendet werden. "Der Austausch von Geräteparametern könnte dann aber über KNX IoT Point API erfolgen."
Die Steuerbox ermöglicht das Schalten von Verbrauchern im Smart Home oder in Smart Buildings. Derzeit wird ein Anhang B zu den Spezifikationen der FNN-Steuerungsbox vorbereitet, in dem spezifiziert wird, wie die Steuerungsbox auch mit KNX implementiert werden kann.